E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2013/290: Versicherungsgericht

Die Chambre des recours des Kantonsgerichts hielt eine Sitzung ab, um sich mit der Berufung von J.________ aus Genf gegen das Urteil des Zivilgerichts des Bezirks Lausanne zu befassen. Das Gericht sprach unter anderem die Scheidung aus, bestätigte Vereinbarungen zur Vermögensauseinandersetzung und gewährte dem Vater das Sorgerecht für das Kind. Es wurde festgelegt, dass die Mutter monatlich einen Beitrag zum Unterhalt des Kindes leisten muss. Die Gerichtskosten wurden festgelegt, und die Mutter wurde verpflichtet, dem Vater eine bestimmte Summe zu zahlen. Das Gericht bestätigte auch die Einrichtung einer Betreuung für die persönlichen Beziehungen zwischen den Eltern und dem Kind.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2013/290

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2013/290
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2013/290 vom 14.12.2015 (SG)
Datum:14.12.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28 Abs. 1 ATSG: Vor der Rentenprüfung ist der grundsätzlich der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen zu prüfen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2015, IV 2013/290).
Schlagwörter : ähig; Ausbildung; IV-act; Rente; Eingliederung; Invalidität; Kauffrau; Büro; Massnahme; Beruf; Invaliditätsgrad; Massnahmen; Anspruch; Invalide; Person; IV-Stelle; Verfügung; Eingliederungsmassnahme; Eingliederungsmassnahmen; Klinik; Bürofachdiplom; Arbeitsfähigkeit; Praktikum; Schweiz; öglich
Rechtsnorm:Art. 16 ATSG ;Art. 6 ATSG ;Art. 7 ATSG ;Art. 8 ATSG ;
Referenz BGE:125 V 256; 129 V 222; 132 V 215; 134 V 231; 135 V 201;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2013/290

Entscheid Versicherungsgericht, 14.12.2015

Entscheid vom 14. Dezember 2015

Besetzung

Präsident Joachim Huber, Versicherungsrichterinnen Karin Huber Studerus und Miriam Lendfers; Gerichtsschreiber Markus Jakob

Geschäftsnr. IV 2013/290

Parteien

A. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Christine Kessi, c/o procap, Frohburgstrasse 4, Postfach, 4601 Olten,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

Gegenstand Rente Sachverhalt A.

    1. A. (nachfolgend Versicherte Beschwerdeführerin), stammt aus B. (IV-act. 3, 4 S. 1 und IV-act. 102). Die Versicherte begann im August 2003 die berufliche Ausbildung zur Kauffrau Profil E bei der Gemeindeverwaltung C. . Im Januar 2005 brach sie die Ausbildung gesundheitsbedingt aufgrund einer akuten psychischen Erkrankung ab (IV-act. 1 S. 4, IV-act. 4 S. 3 und G 1.3). Am 2. Juli 2005 wurde die Versicherte in die Klinik D. eingewiesen. Die Ärzte diagnostizierten eine paranoide Psychose (ICD-10: F20.0). Der Klinikaufenthalt dauerte bis 17. August 2005 (IV-act. 17).

    2. Im Dezember 2006 meldete sich die Versicherte wegen der seit September 2004 bestehenden psychischen Leiden zum Bezug von IV-Leistungen an. Sie beantragte (Leistungen der) Berufsberatung und bat um Hilfe bei der Suche nach einer neuen Lehrstelle und um Finanzierung einer Handelsmittelschule (IV-act. 1 insb. S. 6 f.). Im Arztbericht vom 29. Januar 2007 diagnostizierten die Ärzte der Fachstelle für Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine paranoide Schizophrenie (ICD-10: F20.0). Die Versicherte leide unter erschwerter Stressverarbeitung, Auffassungsund Konzentrationsschwierigkeiten. Die Ärzte empfahlen eine Wiedereingliederung durch eine Erstausbildung (IV-act. 12). Am 10. Mai 2007 nahm der Regionale Ärztliche Dienst Ostschweiz (RAD) Stellung. Er hielt fest, dass der Ausbildungsabbruch gesundheitsbedingt erfolgt sei. Aus medizinischer Sicht sei die Versicherte bei der Wiedereingliederung auf grosse Unterstützung angewiesen. Sie brauche insbesondere Coaching und Begleitung sowie fachkundige Aufsicht

      während der Ausbildung, um eine ähnliche Eskalation wie bei der abgebrochen

      Ausbildung auf der Gemeindekanzlei zu vermeiden (IV-act. 18).

    3. Mit Schreiben vom 9. August 2007 bewilligte die IV-Stelle die Ausbildung zur Kauffrau an der privaten Handelsschule E. ab August 2007 bis Juli 2010. Zur Ausbildung gehörten drei Semester Vollzeitunterricht, zwei Semester Praktikum und ein Semester Vollzeithandelsschule (IV-act. 25). Die Versicherte startete die Ausbildung im Sommer 2007. Die Zwischenprüfung nach den ersten beiden Schulsemestern bestand sie und erhielt infolgedessen am 30. Juni 2008 das private Bürofachdiplom des Verbandes Schweizerischer Handelsschulen (VSH; IV-act. 29 f. und 103). Im dritten Semester häuften sich die Absenzen. Trotzdem schloss sie das dritte Semester mit genügenden bis guten Noten ab (IV-act. 31 bis 35 und 40). Gemäss dem Bericht des Eingliederungsverantwortlichen vom 11. Februar 2009 standen die Absenzen der Versicherten in Zusammenhang mit der Absetzung der Medikation (Neuroleptika; IVact. 39). Das am 9. Februar 2009 gestartete, zur Ausbildung gehörende einjährige Praktikum (geschützter Praktikumsplatz bei der F. ) musste am 12. Juni 2009 abgebrochen werden, da die Versicherte viele unentschuldigte Absenzen hatte und schliesslich vom Arbeitsplatz fernblieb (IV-act. 50, 52). Bereits während des Praktikums war die Versicherte in ambulanter Behandlung im Psychiatrie-Zentrum G. . Ab

      18. Juli 2009 bis 3. August 2009 war sie in der Psychiatrischen Klinik D. und anschliessend bis 10. August 2009 in der Psychiatrischen Klinik H. hospitalisiert (IVact. 64 und 76 S. 5).

    4. Mit Schreiben vom 21. September 2009 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, dass als Folge des Praktikumsabbruchs die Kostengutsprache vom 30. März 2009 für das Praktikum bei der F. per 12. Juni 2009 aufgehoben werde und keine Taggelder mehr ausbezahlt würden. Betreffend einer Rente wurde eine separate Verfügung in Aussicht gestellt (IV-act. 59).

    5. Vom 6. bis 12. Januar 2010 war die Versicherte erneut in der Psychiatrischen Klinik H. hospitalisiert (IV-act. 76 S. 1 bis 3). Vom 13. Januar bis Oktober 2010 war die Versicherte im Psychiatrie-Zentrum G. in ambulanter Behandlung (IV-act. 71).

    6. Im Bericht vom 19. März 2010 erklärte der RAD, dass der Abbruch des Praktikums gesundheitsbedingt erfolgt sei. Es bestehe kein Eingliederungspotential weder als kaufmännische Angestellte noch in einer anderen adaptierten Tätigkeit. Es liege eine volle Arbeitsunfähigkeit vor. Eine Besserung sei auch mittelfristig nicht zu erwarten (IV-act. 66).

    7. In den Jahren 2010 und 2011 vermittelte das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) der Versicherten verschiedene Arbeitsstellen. Sie arbeitete u.a. als Praktikantin in einem Brockenhaus in I. (11. Mai 2010 bis

      31. Oktober 2010) und als Praktikantin „Betreuerin Jugendliche“ im J. (Januar 2011 bis Oktober 2011; 80%-Pensum). Die Praktiken mussten jeweils wegen des gesundheitsbedingten Verhaltens der Versicherten vorzeitig abgebrochen werden (IVact. 90 bis 92 und 105 S. 13 und 16 und Fremdakten RAV: Protokoll vom 26. Oktober

      2010).

    8. Ab 3. August 2012 bis 14. September 2012 war die Versicherte in stationärer Behandlung in der Psychiatrischen Klinik in H. . Im Austrittsbericht vom 10. Oktober 2012 wurde die Diagnose paranoide Schizophrenie (ICD-10: F20.0) gestellt (IV-act. 105 S. 8).

    9. Am 3. Oktober 2012 begutachtete Dr. med. K. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, zertifizierter medizinischer Gutachter SIM, im Auftrag der IVStelle die Versicherte (IV-act. 105). Der Gutachter erklärte, dass die grundlegenden Voraussetzungen für eine erste berufliche Ausbildung bei der Versicherten gegeben seien (IV-act. 105 S. 18, 20 und 23). Er empfahl eine Tätigkeit im Bürobereich im kaufmännischen Bereich (IV-act. 105 S. 20).

    10. Mit Vorbescheid vom 17. April 2013 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, dass vorgesehen sei, das Leistungsbegehren abzuweisen (IV-act. 111). Zur Begründung wurde angeführt, dass die Versicherte die erstmalige berufliche Ausbildung mit dem Bürofachdiplom VSH erfolgreich beendet habe und sie daher gemäss Salärempfehlung 2013 des Kaufmännischen Verbandes der Schweiz ohne Behinderung ein Einkommen von Fr. 64'930.-erzielen könnte. Gemäss den medizinischen Abklärungen sei sie in der angestammten Tätigkeit als kaufmännische

      Angestellte sowie in adaptierten Tätigkeiten auf dem ersten freien Arbeitsmarkt zu 65% arbeitsfähig. Das zumutbar erzielbare Einkommen betrage Fr. 42'204.--. Da der resultierende Invaliditätsgrad von 35% unter dem minimal erforderlichen Invaliditätsgrad von 40% liege, bestehe kein Rentenanspruch.

    11. Mit Schreiben vom 23. Mai 2013 erhob die Procap St. Gallen-Appenzell,

      St. Gallen, im Namen der Versicherten Einwand gegen den Vorbescheid vom 17. April 2013 (act. G 1.3). Beantragt wurde, den Vorbescheid aufzuheben und der Versicherten berufliche Massnahmen zuzusprechen. Die Rentenfrage sei erst nach Durchführung von weiteren beruflichen Massnahmen zu prüfen. Ab dem Zeitpunkt des Gutachtens sei von einer 30 bis 40%igen und zuvor von mindestens einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit auszugehen.

    12. Mit Verfügung vom 27. Mai 2013 wies die IV-Stelle das Begehren um eine Invalidenrente ab (IV-act. 119). Die Begründung entspricht grundsätzlich derjenigen des Vorbescheids vom 17. April 2013. Angeführt wurde, dass der Anspruch auf berufliche Massnahmen geprüft werde und die Versicherte diesbezüglich zu einem späteren Zeitpunkt eine entsprechende Mitteilung erhalten werde.

B.

    1. Die Versicherte liess am 27. Juni 2013 durch die Procap Beschwerde erheben (act. G 1). Am 21. August 2013 reichte Rechtsanwältin lic. iur. Christine Kessi, Procap Schweiz, Olten, innert gewährter Nachfrist die Beschwerdeergänzung ein (act. G 4). Folgende Rechtsbegehren wurden gestellt: 1. Die Verfügung vom 27. Mai 2013 sei aufzuheben und die Rentenfrage sei erst nach Durchführung von beruflichen Massnahmen zu prüfen; 2. Es sei der Beschwerdeführerin für die Gerichtskosten die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und sie sei von der Pflicht zur Leistung eines Kostenvorschusses zu befreien; 3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin. Zur Begründung wurde insbesondere angeführt, dass die eingeleiteten beruflichen Massnahmen noch nicht abgeschlossen seien. Es sei deshalb voreilig, bereits jetzt, vor Abschluss der eingeleiteten beruflichen Massnahmen, über die Rentenfrage zu entscheiden. Deshalb sei die rentenabweisende Verfügung vom 27. Mai 2013 aufzuheben und mit einem neuen Entscheid bis nach

      Durchführung der beruflichen Massnahmen zuzuwarten. Im Weiteren wird vorgebracht, dass beim Valideneinkommen von einem höheren Einkommen auszugehen sei, da die Beschwerdeführerin als Gesunde sicherlich die Lehre als Kauffrau abgeschlossen hätte. Zudem sei das Invalideneinkommen zu hoch angesetzt, denn es berücksichtige die gesundheitsbedingte, unvollständige Ausbildung der Beschwerdeführerin und ihre Schwierigkeiten am Arbeitsplatz unzureichend.

    2. Gemäss dem mit der Beschwerdeergänzung eingereichten Arztbericht vom

      5. August 2013 von Dr. med. L. , Oberarzt, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Leiter Ambulatorium, und Dr. med. M. , Assistenzärztin, befindet sich die Beschwerdeführerin seit 18. Juli 2012 in medikamentengestützter integrierter psychiatrischer Behandlung im Ambulatorium des Psychiatrischen Zentrums N. . Diagnostiziert wurde eine paranoide Schizophrenie (ICD-10: F20.0). Für den Monat Juli 2013 wurde eine 40%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert (act. G 4.2).

    3. In der Beschwerdeantwort vom 27. September 2013 beantragte die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde (act. G 6). Sie erklärte, dass die Rentenfrage zu Recht geprüft worden sei, denn die Beschwerdeführerin verfüge mit dem Bürofachdiplom VSH über eine verwertbare Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt, weshalb keine weiteren beruflichen Massnahmen erforderlich seien.

    4. Mit Entscheid vom 16. Oktober 2013 wurde die unentgeltliche Rechtspflege gewährt (act. G 7).

    5. In der Replik vom 5. November 2013 hielt die Beschwerdeführerin an den gestellten Rechtsbegehren fest (act. G 9).

    6. In der Duplik vom 8. November 2013 hielt die Beschwerdegegnerin an ihren Anträgen fest. Zurzeit werde als einzige Eingliederungsmassnahme noch die Arbeitsvermittlung geprüft (act. G 11).

Erwägungen

1.

Gegenstand der angefochtenen Verfügung vom 27. Mai 2013 ist der Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente der Invalidenversicherung. Die IV-Stelle verneinte den Rentenanspruch, weil der ermittelte Invaliditätsgrad geringer als 40% sei (IVact. 119). Die Beschwerdeführerin dagegen vertritt die Ansicht, dass der Invaliditätsgrad mindestens 40% betrage und vor Erlass der Rentenverfügung der

Anspruch auf berufliche Massnahmen hätte geprüft werden müssen (act. G 4 und G 9).

Strittig und deshalb zu prüfen ist, ob die Verfügung über den Rentenanspruch vom

27. Mai 2013 rechtmässig war.

2.

    1. Anspruch auf eine Rente haben gemäss Art. 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG, SR 831.20) Versicherte, die: a. ihre Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten verbessern können; b. während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts; ATSG, SR 830.1) gewesen sind; und

      c. nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.

    2. Invalidität ist die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit können in gleicher Weise wie körperliche Gesundheitsschäden eine Invalidität im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 ATSG bewirken. Festzustellen ist deshalb, ob und in welchem Umfang die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt mit der

      psychischen Beeinträchtigung vereinbar ist. Ein psychischer Gesundheitsschaden führt also nur soweit zu einer Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), als angenommen werden kann, die Verwertung der Arbeitsfähigkeit (Art. 6 ATSG) sei der versicherten Person

      sozial-praktisch nicht mehr zumutbar (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 2. November 2015, 8C_349/2015, E. 3.1; BGE 135 V 201 E. 7.1.1).

    3. Die massgeblichen Rentenabstufungen geben bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 Prozent Anspruch auf eine Viertelsrente, bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 Prozent Anspruch auf eine halbe Rente, bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 60 Prozent Anspruch auf eine Dreiviertelsrente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 70 Prozent Anspruch auf eine ganze Rente (Art. 28 Abs. 2 IVG).

3.

Zunächst ist zu prüfen, ob der medizinische Sachverhalt ausreichend geklärt ist.

    1. Zur Beurteilung der Auswirkungen einer Krankheit ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist (BGE 125 V 256 E. 4). Im Weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person noch zugemutet werden können (BGE

      125 V 256 E. 4 mit Hinweisen). Hinsichtlich des Beweiswertes eines ärztlichen Gutachtens ist entscheidend, ob es für die Beantwortung der gestellten Fragen umfassend ist, auf den erforderlichen allseitigen Untersuchungen beruht, die geklagten Beschwerden berücksichtigt und sich mit diesen sowie dem Verhalten der untersuchten Person auseinander setzt, in Kenntnis der und gegebenenfalls in Auseinandersetzung mit den Vorakten abgegeben worden ist, ob es in der Darlegung der medizinischen Zustände und Zusammenhänge einleuchtet, ob die Schlussfolgerungen der medizinischen Experten in einer Weise begründet sind, dass die rechtsanwendende Person sie prüfend nachvollziehen kann und ob der Experte die Expertin nicht auszuräumende Unsicherheiten und Unklarheiten, welche die Beantwortung der Fragen erschweren verunmöglichen, gegebenenfalls deutlich macht (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a; 122 V 157 E. 1c).

    2. Folgende ärztlichen Berichte und Gutachten sind von Relevanz

      1. Bericht des RAD vom 10. Mai 2007 (IV-act. 18). Festgehalten wurde, dass der Abbruch der Lehre zur Kauffrau (EFZ) gesundheitsbedingt erfolgt sei. Der RAD ging von der Eingliederungsfähigkeit der Beschwerdeführerin aus, wies jedoch auf den grossen Unterstützungsbedarf bei der Eingliederung hin.

      2. Bericht der psychiatrischen Klinik H. vom 15. Januar 2010 (IV-act. 76). Die Ärzte diagnostizierten eine paranoide Schizophrenie (ICD-10: F20.0) und eine emotional instabile Persönlichkeit (ICD-10: F60.3).

      3. Bericht des RAD vom 19. März 2010 (IV-act. 66). Festgehalten wurde, dass der Abbruch der beruflichen Massnahme im Juni 2009 entgegen der bisherigen Annahme der IV-Stelle gesundheitsbedingt erfolgt sei. Bei der Beschwerdeführerin bestehe weder als kaufmännische Angestellte noch in einer anderen adaptierten Tätigkeit Eingliederungspotential.

      4. Gutachten von Dr. K. vom 26. Oktober 2012 (IV-act. 105). Der Facharzt begutachtete am 3. Oktober 2012 die Beschwerdeführerin. Er setzte sich ausführlich mit der Aktenlage auseinander, führte eine Anamnese durch und kam aufgrund seiner erhobenen Befunde im Gegensatz zu den vorbehandelnden Ärzten, welche von einer paranoiden Schizophrenie (ICD-10: F20.0) ausgingen zu den Verdachtsdiagnosen kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und emotional-instabilen Zügen (ICD-10: F61) und bei schizoaffektive Störung (ICD-10: F25), Status nach schizomanischen und auch psychotischen Episoden und mit aktuell leichter schizodepressiver Episode (IV-act. 105 S. 19). Der Gutachter erklärte, dass eine abschliessende diagnostische Einschätzung bei den doch wechselhaften und vielgestalteten Befunden der recht jungen Versicherten in den letzten Jahren und bei auch immer wieder längeren Phasen von relativ unauffälliger Psychopathologie noch nicht möglich sei (IV-act. 105 S. 17 und 19). Die Arbeitsunfähigkeit schätzte er aus psychiatrischer Sicht in der angestammten sowie in einer adaptierten Tätigkeit auf 30% bis 40% ein, mit Gültigkeit spätestens ab Oktober 2012. Bezüglich der Zeit vor Oktober 2012 hielt er fest, dass es Zeiten mit höherer Arbeitsunfähigkeit gegeben habe (IV-act. 105 S. 20). Der Gutachter erachtete die grundlegenden Voraussetzungen für eine erste

        berufliche Ausbildung als gegeben und nannte die notwendigen Rahmenbedingungen wie reduziertes Arbeitspensum, psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung, neuroleptische Medikation, klare Zielvereinbarungen, weiterer Aufbau von Strategien zur Stressbewältigung und zur Drogenabstinenz und Übungen zur Verbesserung der sozialen Kompetenzen (IV-act. 105 S. 18 bis 23). Das Gutachten ist insgesamt als gerichtsverwertbar einzustufen, denn der Facharzt hat sich eingehend mit der gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt und seine Befunde, Diagnosen und Einschätzungen zur Arbeitsund Eingliederungsfähigkeit sind nachvollziehbar und schlüssig.

      5. Arztbericht des Psychiatrischen Zentrums N. vom 5. August 2013 (act. G 4.2).

Die Ärzte Dr. L. und Dr. M. diagnostizierten eine paranoide Schizophrenie (ICD-10: F20.0) und attestierten eine 40%ige Arbeitsunfähigkeit für den Monat Juli 2013 (IV-act. G 4.2).

3.3 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der medizinische Sachverhalt ausreichend geklärt ist. Bei der Beschwerdeführerin besteht eine krankheitsbedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, wobei offen bleiben kann, ob es sich um eine paranoide Schizophrenie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit einer schizoaffektiven Störung handelt. Ab 1. Oktober 2012 ist gestützt auf das Gutachten von Dr. K. von einer grundsätzlichen Eingliederungsfähigkeit und entsprechend der IV-Verfügung vom 27. Mai 2013 von einer 65%igen Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen, zumal diese Arbeitsfähigkeitseinschätzung dem Mittelwert der vom Gutachter Dr. K. angegebenen Arbeitsfähigkeitsspannweite von 60% bis 70% entspricht.

4.

Da Leistungen der Invalidenversicherung grundsätzlich einen minimalen Invaliditätsgrad (bzw. eine minimale Erwerbseinbusse) voraussetzen und der Invaliditätsgrad vorliegend umstritten ist (vgl. act. G 1, G 4 und G 9), ist dieser zu prüfen.

    1. Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird gemäss Art. 16 ATSG das

      Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach

      Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (sog. Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (sog. Valideneinkommen; vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 28. April 2015, 8C_612/2014, E. 4.2).

    2. Bei der Ermittlung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühest möglichen Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdient hätte (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 28. April 2015, 8C_612/2014, E. 4.2.2.1).

      1. In der Regel wird am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da es der empirischen Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein ( BGE 129 V 222 E. 4.3.1 mit Hinweisen). Da die Invaliditätsbemessung der voraussichtlich bleibenden längere Zeit dauernden Erwerbsfähigkeit zu entsprechen hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 ATSG), ist auch die berufliche Weiterentwicklung mit zu berücksichtigen, welche die versicherte Person normalerweise vollzogen hätte; dazu ist allerdings erforderlich, dass konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ein beruflicher Aufstieg und ein entsprechend höheres Einkommen tatsächlich realisiert worden wären. Die Absicht, beruflich weiterzukommen, muss bereits durch konkrete Schritte wie Kursbesuche, Aufnahme eines Studiums, Ablegung von Prüfungen usw. kundgetan worden sein (vgl. BGE

        96 V 29; Urteil des Bundesgerichts vom 12. September 2009, 8C_550/2009 E. 4.1). Bei in jungen Jahren erkrankten verunfallten Versicherten, die im Zeitpunkt des versicherten Ereignisses am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn standen, entzieht sich die hypothetische Tatsache einer Jahre später im Gesundheitsfall ausgeübten bestimmten Tätigkeit naturgemäss einem strikten Beweis. Deshalb dürfen in derartigen Konstellationen die Anforderungen an den massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht überspannt werden (Urteil des Bundesgerichts vom 28. April 2015, 8C_612/2014, E. 4.2.2.1; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 9. April 2003, B 55/02).

      2. Die Beschwerdeführerin befand sich im Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens der Krankheit im Herbst 2004 in Ausbildung. Die dreijährige Lehre zur Kauffrau mit Profil E (erweiterte Grundausbildung) und mit Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) hatte sie im August 2003 begonnen. Im Januar 2005 musste sie die Ausbildung krankheitsbedingt abbrechen (vgl. IV-act. 18). Kann eine versicherte Person wegen Invalidität die begonnene berufliche Ausbildung nicht abschliessen, so entspricht das Erwerbseinkommen, das sie als Nichtinvalide erzielen könnte, dem durchschnittlichen Einkommen einer Erwerbstätigen im Beruf, für den die Ausbildung begonnen wurde (vgl. Art. 26 Abs. 2 der Verordnung über die Invalidenversicherung [IVV, SR 831.201]). Da bis zum Zeitpunkt des Auftretens der Krankheit die Berufsschulzeugnisse durchwegs gut waren, muss davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin die Lehre zur Kauffrau (EFZ) ohne die aufgetretene Krankheit im August 2006 erfolgreich abgeschlossen hätte. Folglich ist beim Validenlohn vom Verdienst auszugehen, den die Beschwerdeführerin mit der dreijährigen Ausbildung zur Kauffrau (EFZ) auf dem ersten Arbeitsmarkt hätte erzielen können.

      3. Die Beschwerdegegnerin ging in der angefochtenen Verfügung vom 27. Mai 2013 gestützt auf die Empfehlungen des Kaufmännischen Verbandes der Schweiz des Jahres 2013 von einem Validenlohn von Fr. 64'930.-aus (IV-act. 119).

      4. Gemäss Bundesgericht soll beim Fehlen eines konkreten Lohnes der Validenlohn grundsätzlich nicht anhand der unverbindlichen Empfehlungen des Kaufmännischen Verbandes der Schweiz, sondern aufgrund der (auf tatsächlich erzielten Gehältern beruhenden) Tabellenlöhne (LSE) bestimmen werden. Lediglich in Ausnahmesituationen sollen die Salärempfehlungen des Kaufmännischen Verbandes berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juli 2013, 9C_795/2012, E. 2.2.2).

      5. Vorliegend handelt es sich insofern um eine Ausnahmesituation, da nur mit detaillierteren Lohndaten die Löhne von unterschiedlichen Berufsausbildungen unterschiedlich langer Berufserfahrung mit ausreichender Genauigkeit und Zuverlässigkeit ermittelt und miteinander verglichen werden können.

      6. Die Salärempfehlungen des Kaufmännischen Verbandes der Schweiz unterscheiden zwischen den verschiedenen kaufmännischen Berufsausbildungen. Nachteilig ist jedoch, dass die angegebenen Löhne lediglich Empfehlungen sind und folglich nicht mit den im Arbeitsmarkt bezahlten Löhnen übereinstimmen müssen. Da es sich um Empfehlungen handelt, wird korrekterweise auch nicht unterschieden zwischen Löhnen von Frauen und Männern. Ausserdem wird nicht differenziert nach der Länge der Berufserfahrung.

      7. Der Lohnrechner „Salarium“ des Bundesamtes für Statistik (BfS;

«www.lohnrechner.

bfs.admin.ch») gestattet dagegen detaillierte Analysen ohne die vorgenannten Nachteile. Der Lohnrechner des BfS beruht denn auch auf den Daten der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2012, welche rund 700'000 Lohnangaben von Angestellten aus der Privatwirtschaft enthält. Angewendet auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt die Analyse mit dem Lohnrechner des BfS, dass eine Frau mit abgeschlossener Berufsausbildung als Kauffrau (EFZ) und sechsjähriger Berufserfahrung in der Privatwirtschaft in Brachen mit durchschnittlicher Entlöhnung im Jahr 2013 rund Fr. 59‘050.-verdiente (folgende Auswahlwerte liegen diesem Ergebnis zugrunde: Berufsgruppe: „Allgemeine Büround Sekretariatskräfte“; Stellung im Betrieb: „ohne Kaderfunktion“; Wochenstunden: „41.7“; Ausbildung: „abgeschlossene Berufsausbildung“; Alter: „27“; Dienstjahre: „6“; Region: „Ostschweiz“; Branche: Variante 1 „Sonstige überwiegend persönliche Dienstleistungen“, Variante 2

„Herstellung von sonstigen Waren“, Variante 3 „Sozialwesen“, Variante 4

„Grosshandel“, Variante 5 „Sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten“; Unternehmensgösse: „50 und mehr Beschäftigte“; „13. Monatslohn“; Sonderzahlungen: „Nein“; Anpassung der Löhne an den Nominallohnindex des Jahres 2013 für Frauen [102.0 : 102.6]). Die Lohndifferenz von rund Fr. 5‘880.-zu dem von der IV-Stelle festgelegten Validenlohn von Fr. 64‘930.-ist insbesondere dadurch bedingt, dass es sich bei den Lohnangaben des Kaufmännischen Verbandes um Empfehlungen handelt und in der Privatwirtschaft Frauen durchschnittlich weniger verdienen als Männer. Da der mit dem Lohnrechner des BfS ermittelte Validenlohn die Lohnsituation auf dem Arbeitsmarkt präziser abbildet, wird nachfolgend auf einen Validenlohn von Fr. 59‘050.-abgestellt.

    1. Beim Invalideneinkommen ging die Beschwerdegegnerin davon aus, dass der erzielbare Lohn nach Abschluss des einjährigen Grundkurses und Erhalt des verbandsinternen Bürofachdiploms VSH demjenigen nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung zur Kauffrau (EFZ) entspreche. Diese Annahme ist im Folgenden zu überprüfen.

      1. Das Bürofachdiplom VSH ist ein verbandinternes Diplom, welches bereits nach einjähriger Ausbildung und bestandener Prüfung erteilt wird. Das Bürofachdiplom VSH bescheinigt grundlegende kaufmännische Kenntnisse und war vorliegend nur ein Etappenziel in der dreijährigen Ausbildung zur Kauffrau EFZ. Einzustufen ist das Bürofachdiplom VSH auf dem untersten Niveau kaufmännischer Grundausbildungen. Eine bessere Qualifikation wird bereits schon erreicht mit der zweijährigen Ausbildung zur Büroassistentin zum Büroassistenten EBZ (eidgenössisches Berufsattest). Niveaumässig darüber liegt die dreijährige Ausbildung zur Kauffrau zum Kaufmann EFZ (eidgenössisches Fähigkeitszeugnis), wobei unterschieden werden kann zwischen dem Profil B (Basis-Grundausbildung) und dem Profil E (erweiterte Grundausbildung; vgl. Bildungsplan Kauffrau/Kaufmann EFZ, genehmigt durch das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) am 26. September 2009, S. 4 f., abrufbar unter: «http://handelsschulverband.vsh-asec.ch/download/ BiPla_BOG_2012.pdf»).

      2. Das Bürofachdiplom (VSH) ist folglich nicht gleichwertig mit dem Berufsabschluss als Kauffrau Profil E (EFZ). Selbst der Kaufmännische Verband der Schweiz, auf dessen Salärempfehlungen sich die Beschwerdegegnerin abstützt, unterscheidet u.a. zwischen der Funktionsstufe C „Lohnband Kauffrau/Kaufmann/ Handelsschuldiplom“ (beinhaltend insb. Personen mit abgeschlossener Ausbildung als Kauffrau Kaufmann EFZ) und der Funktionsstufe B „Lohnband Büroassistentin/ Büroassistent“ (beinhaltend insb. Personen mit abgeschlossener zweijähriger Ausbildung als Büroassistentin Büroassistent; vgl. Salärempfehlungen 2014, Verdienen Sie genug, KV Schweiz, Zürich, S. 16 ff.; abrufbar unter:

        «www.kvschweiz.ch»).

      3. Die Beschwerdeführerin verfügt lediglich über das verbandsinterne, nach

        einjähriger Ausbildung erlangte Bürofachdiplom VSH. Folglich hätte die

        Beschwerdegegnerin bei der Bestimmung des Invalidenlohns gestützt auf die Salärempfehlungen des Kaufmännischen Verbandes nicht von den Tabellenlöhnen der Funktionsstufe C, sondern höchstens von den Tabellenlöhnen der Funktionsstufe B ausgehen dürfen, denn das Qualifikationsniveau der Beschwerdeführerin liegt unter demjenigen der Büroassistentin. Da auch bei entsprechender Korrektur die weiteren zuvor genannten Mängel blieben (vgl. Erwägung 4.2.6), wird nachfolgend der Invalidenlohn auch um die Vergleichbarkeit mit dem Validenlohn zu gewährleisten mit Hilfe des Lohnrechners des BfS ermittelt.

      4. Angewendet auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt die Analyse mit dem Lohnrechner des BfS, dass die Beschwerdeführerin wegen der geringeren Ausbildungsqualifikation und der rund fünf Jahre kürzeren Berufserfahrung bei einem 100%-Pensum im Vergleich zum zuvor ermittelten Valideneinkommen rund Fr. 7‘220.-pro Jahr weniger verdienen würde (folgende Anpassungen wurden gegenüber der Bestimmung des Validenlohn vorgenommen: Ausbildung: „unternehmensinterne Ausbildung“, Dienstjahre: „1“).

      5. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass wegen der Verhaltensauffälligkeiten und der notwendigen intensiven Betreuung der Beschwerdeführerin kaum eine Arbeitgeberin ein Arbeitgeber bereit wäre, ihr den Medianlohn zu bezahlen. Angemessen und realistisch erscheint, anstelle vom Medianlohn vom Lohn des 1. Quartils auszugehen (bei diesem Trennwert liegen 25 % der Löhne darunter und 75% darüber). Vorliegend ist der Lohn des 1. Quartil rund Fr. 5‘440.-geringer als der Medianlohn. Folglich könnte die Beschwerdeführerin bei einem 100%igen Arbeitspensum jährlich rund Fr. 46‘390.-verdienen (Fr. 59‘050.-- - Fr. 7‘220.-- -

        Fr. 5‘440.--).

      6. Zu berücksichtigen bleibt noch, dass die Beschwerdeführerin nur eingeschränkt arbeitsfähig ist. Wie in Erwägung 3.3 dargelegt, ist von einer 65%igen Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin ab 1. Oktober 2012 auszugehen. Ein zusätzlicher

Leidensabzug kommt vorliegend nicht (mehr) in Betracht, denn den Reduktionsgründen wurde bereits mit der Anwendung des Lohns des 1. Quartils ausreichend Rechnung getragen. Das erzielbare Invalideneinkommen beträgt folglich Fr. 30‘154.--

(Fr. 46‘390.-x 0.65).

4.4

      1. Für die Zeit ab 1. Oktober 2012 beträgt der Invaliditätsgrad folglich 49%

        ([Fr. 59‘050.-- - Fr. 30‘154.--] / Fr. 59‘050.--).

      2. Im Zeitraum ab 12. Juni 2009 bis 30. September 2012 war die Beschwerdeführerin mehrmals in stationärer psychotherapeutischer Behandlung. Inwieweit die Arbeitsfähigkeit vor und nach den stationären Klinikaufenthalten eingeschränkt war und ob die Beschwerdeführerin in dieser Zeitspanne eingliederungsfähig war, bedarf weiterer Abklärungen durch die IV-Stelle.

    1. Der Vollständigkeit halber wird kurz auf die Ermittlung des IV-Grades auf der Basis der Tabellenlöhne der Lohnstrukturerhebung (LSE) 2012 eingegangen. Beim Validenlohn müsste aufgrund der abgeschlossenen dreijährigen Lehre zur Kauffrau Profil E (EFZ) zumindest vom Kompetenzniveau 2 (praktische Tätigkeiten wie Verkauf/ Pflege/Datenverarbeitung und Administration/Bedienen von Maschinen) ausgegangen werden. Bei der Bestimmung des Invalidenlohns ist dagegen aufgrund einer fehlenden umfassenden kaufmännischen Grundausbildung (es liegt lediglich ein verbandsinternes, nach einjähriger Ausbildung erteiltes Diplom vor, längere praktische Erfahrung fehlt) vom Kompetenzniveau 1 (einfache Tätigkeiten körperlicher handwerklicher Art) auszugehen. Gemäss den Tabellenlöhnen der LSE 2012 (TA1, Total Wirtschaftszweige, Frauen) beträgt der monatliche Lohn beim Kompetenzniveau 1:

      Fr. 4‘112.-- und beim Kompetenzniveau 2: Fr. 4‘646.--. Da vorliegend lediglich das Verhältnis der Einkommen interessiert, kann auf Anpassungen (Jahresgehalt, Arbeitsstunden, Lohnindex, usw.) verzichtet werden. Der Invaliditätsgrad bei einer Arbeitsfähigkeit von 65% und einem angenommenen Tabellenlohnabzug von 20% beträgt für die Zeit ab 1. Oktober 2012 54% ([Fr. 4‘646.-- - (Fr. 4‘112.-x 0.65 x 0.8)] / Fr. 4‘646.--). Diese Methode zur Bestimmung des Invaliditätsgrades ist im vorliegenden Fall insbesondere bedingt durch die geringeren Differenzierungsmöglichkeiten weniger präzise und aussagekräftig als die Bestimmung des Invaliditätsgrades gestützt auf die Ergebnisse des Lohnrechners des BfS. Im vorliegenden Fall ist deshalb im Sinne einer Ausnahme auf den IV-Grad abzustellen, welcher auf den mit dem Lohnrechner des BfS ermittelten Vergleichseinkommen beruht.

    2. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Zeitraum ab 1. Oktober 2012 ein Invaliditätsgrad von 49% vorliegt. Hinsichtlich der Situation ab 12. Juni 2009 bis

30. September 2012 bedarf es weiterer Abklärungen durch die IV-Stelle. 5.

Nachfolgend ist zu klären, ob über den Rentenanspruch zu früh entschieden wurde.

    1. Die Beschwerdeführerin macht diesbezüglich geltend, dass vor Erlass der Rentenverfügung zuerst über die beruflichen Massnahmen hätte entschieden werden müssen (act. G 1, G 4 und G 9). Die Beschwerdegegnerin bestreitet, dass dies erforderlich sei. Während sie in der angefochtenen Verfügung noch in Aussicht stellte, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt über die beruflichen Massnahmen entscheiden werde (vgl. IV-act. 119), verneinte sie in der Beschwerdeantwort und der Duplik den Bedarf weiterer beruflicher Massnahmen (act. G 6 S. 3 und G 11).

    2. Eine Rente setzt gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. a IVG voraus, dass die Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wiederhergestellt, erhalten verbessert werden kann. Die Invalidenversicherung bezweckt denn auch die Eingliederung resp. Wiedereingliederung von Personen, die wegen Geburtsgebrechen, Krankheitsoder Unfallfolgen behindert sind. Es gilt diesbezüglich der Grundsatz „Eingliederung vor Rente“ (BGE 135 V 201 E. 7.2.2). Eine Rentenzahlung erfolgt deshalb erst, wenn eine Einoder Wiedereingliederung ins Erwerbsleben nicht möglich ist bzw. die Zusprechung einer Rente fällt erst in Betracht, wenn eine genügende, d.h. rentenausschliessende Eingliederung inklusive Selbsteingliederung nicht möglich ist (vgl. Art. 28 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 1a IVG; Urteile des Bundesgerichts vom 5. Juni 2012, 9C_108/2012, E. 2.2.1, und vom 6. Dezember 2010, 9C_99/2010,

      E. 3.1 mit Hinweisen). Ausserdem entsteht gemäss Art. 29 Abs. 2 IVG ein Rentenanspruch grundsätzlich solange nicht, als die versicherte Person ein Taggeld nach Art. 22 IVG beanspruchen kann (bspw. während der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen während der Wartezeit auf eine erstmalige berufliche Ausbildung eine Umschulung). Der Grundsatz „Eingliederung vor Rente“ darf jedoch nicht dahingehend verstanden werden, dass ein Rentenanspruch immer ausgeschlossen wäre, wenn irgendwann einmal später noch

      Eingliederungsmassnahmen durchgeführt werden könnten. So kann ein Rentenanspruch auch dann entstehen, wenn die versicherte Person (noch) nicht eingliederungsfähig ist, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt bei einer Verbesserung des Zustandes - Eingliederungsmassnahmen doch noch aktuell werden könnten (vgl. Silvia Bucher, Eingliederungsrecht der Invalidenversicherung, Bern 2011, Rz. 33 und 1041).

    3. Nach Art. 8 Abs. 1 IVG haben Invalide von einer Invalidität bedrohte Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, wieder herzustellen, zu erhalten zu verbessern (lit. a) und die Voraussetzungen für den Anspruch auf die einzelnen Massnahmen erfüllt sind (lit. b).

    4. Die Beschwerdeführerin hätte ohne gesundheitsbedingten Lehrabbruch mit grosser Wahrscheinlichkeit die Abschlussprüfungen bestanden und damit das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis als Kauffrau Profil E erhalten. Dieses Ausbildungsniveau liegt deutlich über demjenigen, welches mit dem verbandsinternen Bürofachdiplom VSH erreicht wird (vgl. Erwägung 4.3.1). Diese Differenz widerspiegelt sich denn auch in den in der Privatwirtschaft bezahlten Gehältern (vgl. Erwägung 4.3.2 bis 4.3.4). Hinzu kommt, dass

      vorliegend die Lohndifferenz mit steigender Berufserfahrung zunimmt, d.h. die Löhne von besser qualifizierten Mitarbeitenden steigen überdurchschnittlich an. Ausserdem erhöht ein Ausbildungsabschluss mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis die berufliche Flexibilität und eröffnet zugleich bessere Entwicklungsmöglichkeiten. Die Beschwerdeführerin hat soweit aus den Akten ersichtlich bisher keine der abgebrochenen Lehre entsprechend gleichwertige Berufsausbildung erfolgreich abschliessen können.

    5. Die IV-Stelle hat folglich zu prüfen, welche Eingliederungsmassnahmen notwendig und geeignet sind, um die Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 8 Abs. 1 IVG soweit zu verbessern, so dass möglichst ein vergleichbares Niveau mit demjenigen einer Kauffrau Profil E (EFZ) erreicht werden kann. Im Vordergrund stehen insbesondere berufliche Massnahmen in Form einer erstmaligen beruflichen Ausbildung (vgl. Art. 16 IVG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 IVV.

    6. Zum Eingliederungsanspruch ist anzumerken, dass die Beschwerdegegnerin den grundsätzlichen Anspruch der Beschwerdeführerin auf berufliche Massnahmen mit Schreiben vom 9. August 2007 bereits einmal gutgeheissen hatte. Damals hatte sie die Kostengutsprache für die dreijährige Ausbildung zur Kauffrau (EFZ) an der privaten Handelsschule E. erteilt (IV-act. 25). Mit der Mitteilung vom 21. September 2009 (IVact. 59) regelte die IV-Stelle (nur) die unmittelbaren Folgen des Abbruchs des zur

Ausbildung gehörenden Praktikums, wofür sie am 30. März 2009 die Kostengutsprache erteilt hatte (vgl. IV-act. 46). Gemäss Aktenlage muss davon ausgegangen werden, dass die IV-Stelle am 21. September 2009 nicht wusste, dass die Beschwerdeführerin das Praktikum aus gesundheitlichen Gründen abbrach und danach in der Psychiatrischen Klinik D. und anschliessend in der Psychiatrischen Klinik H. hospitalisiert war. Die Beschwerdeführerin hat folglich auch gestützt auf Mittteilung vom 9. August 2007 zumindest einen Anspruch darauf, dass bei wiedererlangter Eingliederungsfähigkeit Eingliederungsmassnahmen und dabei insbesondere berufliche Massnahmen erneut geprüft werden.

5.7

      1. Für die Zeit ab 1. Oktober 2012 ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin einerseits grundsätzlich eingliederungsfähig ist und andererseits ohne Eingliederungsmassnahmen nicht in der Lage wäre, ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen. Deshalb ist vor der Rentenprüfung der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen insbesondere der Anspruch auf eine berufliche Erstausbildung zu prüfen.

      2. Der Entscheid der Beschwerdegegnerin über die Rentenleistungen erweist sich daher als verfrüht. Die Sache ist deshalb an die Beschwerdegegnerin zur Abklärung geeigneter Eingliederungsmassnahmen (insbesondere einer geeigneten beruflichen Erstausbildung) zurückzuweisen. Nach abgeschlossenen Eingliederungsbemühungen wird die Beschwerdegegnerin erneut über den allenfalls rückwirkend befristeten - Rentenanspruch der Beschwerdeführerin zu befinden haben.

6.

    1. Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist in Gutheissung der Beschwerde die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung und neuen Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

    2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.--

      erscheint als angemessen. Die Rückweisung zur Neubeurteilung gilt praxisgemäss als volles Obsiegen (BGE 132 V 215 E. 6.2). Somit unterliegt die Beschwerdegegnerin vollumfänglich. Sie hat deshalb die gesamte Gerichtsgebühr von Fr. 600.-zu bezahlen.

    3. Die am 16. Oktober 2013 (act. G 7) bewilligte unentgeltliche Rechtspflege wird

      damit gegenstandslos.

    4. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Parteientschädigung. Diese ist vom Gericht ermessensweise festzusetzen, wobei insbesondere der Bedeutung der Streitsache und dem Aufwand Rechnung zu tragen ist (Art. 61 lit. g ATSG; vgl. auch Art. 98 ff. des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRP; sGS 951.1)). Die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin hat auf die Einreichung einer Honorarnote verzichtet. Der Bedeutung und dem Aufwand der Streitsache angemessen erscheint eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 3'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

In Gutheissung der Beschwerde vom 27. Juni 2013 wird die Verfügung vom 27. Mai 2013 aufgehoben und die Angelegenheit an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen, damit diese nach erfolgten Abklärungen im Sinne der Erwägungen neu verfüge.

2.

Die Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 600.-zu

bezahlen.

3.

Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung in der

Höhe von Fr. 3'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.